Rumänien

 Das Land Rumänien war für uns auf der Reise die Herausforderung und ein echtes Abenteuer. Wir wurden mit unserem Camper stark getestet.

In Rumänien hatten wir zwei feste Ziele. Das war zum einen das Permakulturprojekt von Andreas und Ionna sowie die transilvanischen Alpen. Zudem liebäugelten wir mit dem schwarzen Meer. Nachdem wir von der Slowakei durch Ostungarn gefahren sind und gewohnt in mitteleuropäischer Kultur unterwegs waren, erfuhren wir am Rande von Ungarn und dann in Rumänien einen kleinen Kulturschock. Die Grenzregion schien vergessen und Menschen hausten unter schlimmen Bedingungen in elendigen Häusern, teils ohne Fenster, im Müll und Dreck in furchtbaren Zuständen. Wir waren fassungslos. 

Alles wild, frei und völlig anders

Unsere erste Nacht verbrachten wir autark auf einer Wiese in Vadu Crisului hinter einem Campingplatz und neben einem Tiergehege. Die Natur ist dort wunderschön. Es gibt Höhlen, Wasserfälle, viel Wald und Berge. Nach unserer Ankunft bemerken wir, dass das Gehege recht frei umzäunt ist. Neben uns liefen auf einmal Fasane herum und sogar ein Strauß, später zwei Schafe, ein Pony und Puten, drei Hunde kamen auch noch zu Besuch und eine kleine Katze. Wir werden von den Tieren erst einmal beäugt und wir beäugen wiederum die Tiere. 

Das Wetter war ebenfalls eigenwillig. Plötzlich blitzte und donneret es, aber kein Regen. In der Nacht gab es Wetterleuchten und als sie vorbei waren, regnete es plötzlich wie wild. Am nächsten Tag zeigte das Thermometer 26 Grad und in der Sonne über 30. Unser Van-Office war plötzlich eine Sauna und uns fiel das arbeiten etwas schwer.

Eko Chatka Hohe Tatra
Route 66 Slowakei Hohe Tatra

Ankunft in Gullivers Travel im Dupa Gard Permakultur Projekt

Weiterfahrt zum Dorf Poşaga de Jos zu Andreas und Ioana. Auf der Fahrt erlebten wir wieder verschiedene Kulturen. In Huedin eine Kleinstadt im Kreis Cluj in Siebenbürgen sahen wir die Prachtbauten der Rudari / Roma, daneben wieder verfallene Häuser und Bauruinen, verschiedene Kulturen und völlig andere Sprachen. Die Straßen sind gut, aber  bei der Fahrweise der Rumänen stockt uns der Atem. Pure Anspannung um keinen Unfall zu bauen, echt anstrengend.

Am Abend waren wir bei Andreas und Ioana angekommen. Andreas hatte zufällig gerade Geburtstag. So saßen wir zusammen am Feuer und tranken transilvanisches Bier und ungarischen Wein, aßen glutenfreies Weißbrot mit Zacuscă. Einen sehr leckeren Paprikaaufstrich aus der Region.

Wir sprachen viel über Rumänien. Den billigen Arbeitslöhnen (manche verdienen nur 5 € die Stunde), den hohen Steuern (46% des Gehaltes will der Staat, doch für seine Bürger gibt er nicht viel zurück). Es gibt Sozialhilfe, jedoch nur circa 60 € umgerechnet im Monat. Damit kann keiner überleben. Ärztliche Versorgung muss selbst bezahlt werden. Die Menschen brauchen ihre Gärten, damit sie über die Runden kommen. Das erfahren wir von Ioana, gebürtige Rumänin. Rumänien ist auch nicht preiswert, die Lebensmittelkosten sind stark gestiegen, wie wir selbst erleben konnten. Ohne deutsche Unterstützung würde das Permakultur Projekt nicht funktionieren, erzählen uns die Beiden.

7 Jahre hat es gedauert, um dahin zu kommen, wo sie jetzt stehen und davon leben können sie noch nicht. Zudem bildet das Dorf keine starke Gemeinschaft. Es gibt keine Feste, keine gemeinsamen Begegnungen, das Verständnis für das Projekt ist nicht da. Doch Andreas und Ioana wollen dies ändern. Sie engagieren sich für den Ort, für die Menschen und für die Natur.

Hohe Tatra Lomnica
Hohe Tatra Lomnica

Camper Stellplatz und Permakultur

Für Camper die sich für Permakultur interessieren, die vielleicht auch an einem Projekt mit teilnehmen möchten, denen Umweltschutz am Herzen liegt oder das Campfire Festival im August besuchen möchten, bieten Andreas und Ioana ein bis zwei Stellplätze, ein Zeltwiese, zwei Glamping Zelte und zwei Tiny Häuser zur Verfügung. Es gibt einen Outdoor Kochplatz, eine große Outdoor Badewanne, Dusche, Trenntoilette und einen wundervollen Garten, den man auf Nachfrage mit nutzen kann. Du erhältst eine Einführung in die Permakultur und in den Waldgarten. Du kannst viel für deinen eigenen Garten lernen und erfahren, wie du die Biodiverisität erhöhst sowie Mutterboden aufbauen kannst. Zudem entdeckst du neue Früchte und Gemüsesorten, alte Kulturpflanzen und neue Formen der teilweisen Selbstversorgung. 

Andreas und Ioana betreiben eines der wenigen Permakultur Projekte in Rumänien und dies mit viel Herzblut, Engagement und tiefgreifendem Wissen. In den nächsten Jahren wird es noch verstärkter Workshops, Kurse und Feste geben und die Permakulturgärten werden noch üppiger und vielfältiger wachsen und erblühen. Eine große Herzensempfehlung von uns sie zu besuchen. Wir möchten uns auch an dieser Stelle nochmals bedanken, für die vielen Infos und das tolle Gemüse, die Kräuter und die wunderbare Einladung zu Speis und Trank. 

Weitere Informationen und Tipps zur Anreise erfährst du hier: Dupa Gard

Dupa Gard Permakultur
Dupa Gard Camping Zelten und Tiny Häuser

Uns wurde fast schwindelig und stockte der Atem

Roberto wollte in Rumänien unbedingt Wehrkirchen in Siebenbürgen besichtigen und so besuchten wir im Ort Wurmloch eine der prachtvollsten und mächtigsten Wehrkirchen. Sie gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist dennoch eine der weniger bekannten Kirchen. Dies durften wir an ihrem Zustand erfahren. Die einzige noch im Dorf lebenden Sächsin erzählte uns auch den Grund dafür. Der Erhalt wird kaum gefördert und sie arbeitet ehrenamtlich hier. Dennoch durften wir die Burg genauer anschauen und die Türme besteigen. Wer Nervenkitzel und Abenteuer mag, ist hier genau richtig. Wir erklommen den ersten Turm und balancierten über dem Kirchenschiff über Holzbretter, die wackelten. Durch die Ritzen konnten wir die Tiefe sehen und den Rasen neben der Kirche. Weiter den Turm hinauf gab es nur einfache Leitern und wieder nur Bretter in jeder Etage. Da pochte das Herz etwas lauter.

Im zweiten Turm war es ebenfalls aufregend. Kein Geländer, aber wackelnde Steine und Leitern. Doch der Ausblick war fantastisch und interessant einmal so nah und allein neben den handwerklich tollen Glocken stehen zu dürfen. Traurig aber, wie dieses Kulturerbe so langsam verfällt und engagierte Dorfbewohner so wenig Unterstützung erhalten. Wir können nur hoffen, dass sich da etwas ändert.

Wehrkirche Wurmloch
Hohe Tatra Hochgebirge Slowakei
Wehrkirche Wurmloch
Wehrkirche Wurmloch, Einheimische Sächsin aus Siebenbürgen

Prunk und Schönheit gleich in der Nähe

Ganz anders in der Stadt Sibiu, deutsch Hermannstadt. Dieser Ort wird weitaus mehr unterstützt und ist touristisch gut aufgestellt. Die Mitropolitanische orthodoxe Dreifaltigkeitskathedrale ist ein riesiger Bau von 1906 und reich geschmückt. Am Abend zum Gebet kannst du in der Ferne schon die Gesänge der Priester hören. Das Gotteshaus ist fast immer offen auch in den Abendstunden und kann besucht werden. Besonders hervorzuheben ist auch der Markt in Sibiu. Es gibt auf ihm viele regionale Angebote und traumhaft leckeres Gemüse und Obst der Saison. Wir haben uns dort auch eine Plăcintă – herzhafte Teigtasche mit warmen Brânză (salziger Schafskäse) gegönnt, die hier besonders gut geschmeckt hat.

In Hermannstadt gibt es zudem viele schöne Cafés und Restaurants in kleinen Gassen und auf großen Plätzen. Du kannst deutsche Bücher in der Schiller-Bücherei kaufen oder Winkel und Ecken entdecken, die an Italien erinnern oder über die Lügenbrücke laufen und Wahrheiten erzählen. In Sibiu musst du halten und ein paar Tage bleiben. Für uns war es der beste Ort, um die kleine Kälteperiode gut abzuwarten. Denn in den Karpaten hatte es geschneit und unser nächstes Ziel war erst einmal gesperrt. Aber dann besserten sich die Temperaturen und wir konnten starten.

Sibiu Hermannstadt Rumänien
Sibiu Hermannstadt Rumänien und Celia
Sibiu Hermannstadt Rumänien Markt
Sibiu Hermannstadt Rumänien

Kurvenreich und eine Legende

Unsere nächste Etappe die transilvanischen Alpen – rumänischen Karpaten. Wir wollten sie überqueren über die 7C, bekannter auch als TRANSFĂGĂRĂȘAN. Sie wird im Laufe des Oktobers geschlossen und daher nutzen wir die mit letzte Gelegenheit des Jahres und fuhren sie Anfang Oktober. Bei schönsten Sonnenschein meisterten wir unzählige Kurven und Pässe. Die Aussicht war grandios. Jeder Abschnitt dieser besonderen Straße hat seinen eigenen und anderen Reiz, mal voller Wald und Felsen, mal mit weiter Sicht und Haarnadelkurven, dann wieder tiefverschlungen mit kleinen Wasserfällen. Nach einer atemberaubenden Fahrt stoppten wir im Treehouse, einem Restaurant und Herberge verbunden mit Baumpfaden, gebaut im Einklang der dort wachsenden Bäume. Wild romantisch und wunderschön, dazu das Essen und die Getränke sehr schmackhaft, neben dem Tisch knisterte der Kamin und Katz und Hund sind hier ebenfalls zu Hause. Möchtest du auch diesen tollen Ort besuchen, hier findest du mehr Information dazu: Zum Treehouse Village

Ein paar Kurven weiter auf unserer Fahrt begegneten wir dann noch einer Bärin mit ihrem Nachwuchs am Straßenrand. Langsam und bedacht fuhren wir weiter, denn Füttern ist absolut verboten und für die wild lebenden Bären auch gesundheitsschädlich. Leider wird dies immer wieder von manchen Touristen vergessen. Da wären wir auch gleich bei dem Thema Straßenhunde. Es gibt in Rumänien nur noch wenige Straßenhunde. Viele der draußen herum streunenden Hunde gehören Menschen. Denn in Rumänien lassen viele Hundebesitzer ihre Hunde einfach selber Gassi gehen und bringen ihm auch kein Halsband an. Touristen denken, es sind streunende Hunde. Das ist aber seltener der Fall. Sehen die Hunde gut genährt aus, solltest du sie nicht füttern. Besonders in Orten und bei Gebäuden gehören die Hunde dazu, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht.

TRANSFĂGĂRĂȘAN Straße Rumänien Karpaten und Celia
TRANSFĂGĂRĂȘAN Straße Rumänien Karpaten
TRANSFĂGĂRĂȘAN Straße Rumänien Karpaten
TRANSFĂGĂRĂȘAN Rumänien Karpaten und Celia, wilde Bären an der Straße

Von den Bergen zum Meer

Wir haben Dracula nicht besucht. Rumänien hat so viel zu bieten an Naturschönheiten, Burgen, Wehrkirchen und imposanten Gotteshäusern und Orten, dass Dracula für uns nicht so wichtig war. Dafür umso mehr die Stadt Constanța am schwarzen Meer mit seinem Casino, den Hafen, das nationale Museum und die kleine Moschee. Auch Konstanza spiegelt Rumänien in seiner Art gut wieder. Auf der einen Seite prunkvolle, toll sanierte edle Bauten und gleich daneben eine furchtbare Bauruine, verfallen alte Häuser und komisch zusammengestellte Architektur. Die eine Straße ist top, die andere eine Katastrophe. Manches ist wichtig und manches wieder völlig egal. 

Die vielen Kilometer zum Meer waren für uns erschreckend, das Gegenteil von Permakultur, ewige Weite, Monokultur, Agrarwirtschaft. Kein Baum mehr zu sehen und endlose Leere, zerstörte Natur für den Handel mit Nahrungsmitteln. In Konstanza befindet sich dann der große Hafen zum Verschiffen der Nahrungsmittelmassen.

Wir suchten uns einen kleinen Platz zum schlafen und arbeiteten zuerst in Mamaia. Der Strand dort ist schön, doch der Ort passte nicht zu uns. Wer einen Urlaubsort mit Hotelanlagen und Bespaßung sucht wird hier fündig, für autarke, naturliebende Camper ist dieser Ort weniger geeignet. Unsere letzte Station in Rumänien: der Strandort Neptun. Zum Arbeiten im Van machbar, ansonsten zur Nebensaison ein fast toter Ort mit Endzeitstimmung, absolute Ruhe garantiert, aber auch etwas merkwürdig. Unsere Zeit in Rumänien war nun vorbei, wir freuten uns auf Bulgarien.

Constanța schwarzes Meer Rumänien
Constanța schwarzes Meer Rumänien und Roberto
Constanța schwarzes Meer Rumänien mit Celia
Ort Neptun in Rumänien am schwarzen Meer

Noch ein paar Tipps zu Rumänien

An der Grenze wird noch kontrolliert, also habe deinen Personalausweis oder Pass zur Hand an der Grenze. 

Füttere bitte nicht jeden Hund, der auf der Straße unterwegs ist. Warte lieber ab und schaue dir den Hund genau an. Nur wenn er abgemagert und heruntergekommen aussieht, kannst du ihm helfen. Viele streunende Hunde haben einen Besitzer. In Rumänien ist es normal, dass die Hunde freier draußen unterwegs sind und kein Halsband haben.

Pass in Rumänien besonders gut im Straßenverkehr auf. Die Fahrweise der Rumänen ist rasant, waghalsig und teilweise recht gefährlich. Wir wurden rechts über den Standstreifen auf der Autobahn ab uns zu überholt, ebenso in Kurven und kurz vor knapp. Uns stockte immer wieder der Atem. Mach dich darauf gefasst.

Vergiss die Regeln und Vorsichtsmaßnahmen, die du in Deutschland, Österreich oder Schweiz gelernt hast. In Rumänien wird alles viel lockerer gesehen. Hier gilt mehr Eigenverantwortung. Daher schätze dich gut ein und wage nur das, was du wirklich bereit bist. In Rumänien kann es auch mal gefährlich werden, auf Straßen wie in Gebäuden.